Der Begriff Haltung steht zunächst für Gesinnung und Einstellung im Sinne einer persönlichen Meinung, er bedeutet aber auch Contenance im Sinne von „Haltung bewahren“ oder auch für die Körperhaltung. In der Literatur zur Mediation wird der Begriff auch als Synonym für die berufsethischen Leitlinien genannt, als „Haltung der Neutralität, der Allparteilichkeit“ etc. Diese Begrifflichkeit zeigt auf, dass die ethischen Leitsätze -als Verhaltensregeln verstanden- jemanden bedürfen, der sie befolgt. Insoweit besitzt Haltung eine individuelle, persönliche Komponente und kann als die individuelle Verkörperung und Verinnerlichung ethischer Werte verstanden werden.
Wenn Haltung aber so etwas wie mein individueller ethischer Fußabdruck ist, dann kann es keine spezielle Haltung als Mediator geben. Dann ist Haltung etwas, was zu mir gehört und die mein gesamtes Verhalten –nicht nur als Mediator- prägt.[1] Eine eigenständige Bedeutung hat meine Haltung als Mediatorin aber insofern, als dass ich mir bewusst sein muss, welche Werte mich im Mediationsverfahren leiten.
In der Praxis treffe ich als Mediator ständig Entscheidungen, die eine ethische Dimension haben. Dabei geht es nicht nur um große ethische Dilemmata, auf die ich treffe. Viele Entscheidungen fallen intuitiv, unbewusst.[2] Bereits die Frage, ob ich den Medianden in seinem Redefluss unterbreche oder nicht, wird eine Wirkung auf ihn und die andere Konfliktpartei haben. Vielleicht ist der Mediand, den ich unterbreche, ärgerlich und wirft mir Parteilichkeit vor; oder die andere Partei ist ärgerlich, weil sie den Eindruck hat, der andere habe mehr Redezeit. Aus diesem intuitiven Charakter vieler Entscheidungen folgt, das der Mediator diese aus seinem persönlichen Hintergrund trifft. Sie reflektieren die persönlichen Werte, die ich als Mediator mitbringe. Zudem haben nicht nur aktive Entscheidungen Mitteilungscharakter. Allein durch meine Anwesenheit nehme ich bereits Einfluss auf die Medianden. Da man sich nach Watzlawick nicht nicht verhalten kann, ist auch Schweigen, Nichtstun Kommunikation und bleibt nicht ohne Wirkung.[3] Praktisch bedeutet das, dass ich als Mediator mit jedem Verhalten Signale nach außen sende und damit bei den Medianden auch eine Wirkung erziele. Hinzu tritt, Kommunikation zu ca. 80% auf non-verbaler Weise abläuft[4], so dass allein Körpersprache, Mimik und Gestik meine Haltung nach außen transportieren.
Vor diesem Hintergrund ist es außerordentlich wichtig, dass ich mich und meine Verhaltensmuster kenne. Je besser ich mich und mein persönliches Wertesystem kenne und ich darin verwurzelt bin, desto authentischer wirke ich nach außen und desto besser gelingt die Mediation. Die Qualität der Mediation wird danach von der eigenen Haltung bestimmt.[5]
Quellen:
[1] so Werfl, Marlene, Meine Haltung als Mediatorin in: Spektrum der Mediation, 18.Ausgabe/ Frühjahr 2005, S. 34aaO., S. 34.
[2] MacFarlane, Julie, Mediationg ethically: the Limits Of Codes Of Conduct And The Potential Of A Reflective Practice Model, 2002, Osgood Hall Law Journal, Vol. 40, No. 1, S. 59
[3] Watzlawik, Paul; Beavin, Janet H.& Jackson, Don D., Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen und Paradoxien, Bern:Huber, S. 51
[4] Oboth, Monika, Persönlichkeitsentwicklung als notwendiger Bestandteil der Mediationsausbildung, ZKM 2001, 236, S.2
[5] Patera, Mario, Reflexionskompetenz – Qualitätskriterium für (künftige) MediatorInnen, ZKM, 5, 227.