Doing Business in China
Einfluss des Konfuzianismus auf den chinesischen Kommunikationsstil
Hinter der Aufgeschlossenheit und Weltgewandtheit chinesischer Geschäftspartner verbirgt sich die tief verwurzelte konfuzianische Tradition. Das Wertesystem, das auf der Lehre des Konfuzius (551-479 n. Chr.) beruht, wirkt sich nachhaltig auf das Interaktionsverhalten aus. Viele Verhaltensmuster in der chinesischen Gesellschaft gehen auf die sittlich-ethischen Grundsätze des Konfuzianismus zurück. Nur durch eine fixe Rangordnung und durch die Erfüllung der Pflichten gegenüber seinen jeweiligen Vorgesetzen glaubte Konfuzius, sei ein friedliches und harmonisches Zusammenleben möglich. Von elementarer Bedeutung sind die fünf menschlichen Grundbeziehungen zwischen Herrscher und Beherrschte (heute Chef und Mitarbeiter), Eltern und Kinder, ältere und jüngere Brüder, älterer Freund und jüngerer Freund und Mann und Frau. Das soziale Kollektiv ist in jeder Hinsicht hierarchisch geordnet.
Chinesen pflegen einen beziehungsorientierten Kommunikationsstil, der die hierarchischen Strukturen berücksichtigt. Sie bemühen sich grundsätzlich, eine harmonische Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Sachinhalte werden in diesen Gesprächsrahmen eingebettet. Um die Harmonie aufrechtzuerhalten, vermeidet man nach Möglichkeit konfrontierende Äußerungen.
In China, wie auch in vielen Teilen Asiens, ist das sogenannte „Concept of face“ von elementarer Bedeutung. Die Zusammenhänge zu verstehen ist nicht immer einfach. Im Umgang mit der Gesichtswahrung neigen Angehörige westlicher Gesellschaften dazu, die eigene Gesichtswahrung in den Vordergrund zu stellen. In konfuzianisch geprägten Gesellschaften ist der Sprecher auch für die Gesichtswahrung seines Gegenübers verantwortlich. „Das ist nicht nur eine komplexere, sondern eine gänzlich andere Aufgabe.“ (Reichertz,2009, S. 231)
Gesicht geben kann man durch Indirekte oder positive Formulierung unangenehmer Umstände, Höflichkeit in der Anrede und allem voran Respekt vor Älteren und Höhergestellten (Senioritätsprinzips). Gesicht nehmen oder verlieren kann man durch offene Kritik, Unhöflichkeit, emotionale Ausbrüche, Missachtung des Senioritätsprinzips. Statt eines klaren und eindeutigen „nein“ werden häufig ausweichende Formulieren gewählt. Zu hören ist dann „kaolü kaolü“ was bedeutet, Ich muss darüber „nachdenken“, das Gesagte prüfend überdenken. Der Begriff setzt sich zusammen aus „kao“, was so viel heißt wie überprüfen und „lü“ nachdenken. Deutliche Signale sind unter anderem auch schweigen, zögern oder Gegenfragen.
Westliche Direktheit kann in Asien bisweilen als grob empfunden werden. In bestimmten Situationen bevorzugen Chinesen eine indirekte oder verschleierte Sprechweise, beispielsweise beim Aussprechen einer Bitte, Ablehnung einer Bitte oder Abgabe einer persönlichen Stellungnahme. Dies gilt als weitaus gesichtsschonender. Sie sind darin geübt, Botschaften hinter den Worten heraushören, respektive zwischen den Zeilen lesen zu können.
Für den nachhaltigen Geschäfts- und Projekterfolg ist Hintergrundwissen und Feingefühl für die grundlegenden kulturellen Werte, Denkweisen und unterschiedlichen Präferenzen von immenser Bedeutung. „Wer in China Erfolg haben will, braucht nicht nur einen langen Atem, sondern ein tiefes Verständnis für die Kultur“ (John Graham, Havard Business Review, 2004). Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Reichertz, Jo, Kommunikationsmacht: Was ist Kommunikation und was vermag sie, 2009.