Augenhöhe – eine Frage der Haltung
In den vergangenen Monaten fanden einige Veranstaltungen in den Räumen des Coaching Instituts Berlin statt, in denen wir den Film „Augenhöhe – Film und Dialog“ zeigten und, wie der Titel es vorgibt, zu einem anschließenden Dialog einluden. Zuletzt traf sich der „Verein zur Förderung von Wissenschaft und Praxis der Mediation e. V.“ http://www.wissenschaft-praxis-mediation.de am 28.5.2015 zu einem solchen Themenabend. Der Film inspirierte stets zu sehr interessanten Gedanken und setzte wichtige Denkanstöße in Gang. Wie ein roter Faden zog sich dabei das Thema Haltung durch alle Dialoge. Es herrschte große Einigkeit darüber, dass Augenhöhe eine Frage der Haltung darstellt.
Das wiederum inspiriert mich, zwei Fragen zu stellen: was bedeutet Haltung genau und wie kann ich eine Haltung im Kontext der Augenhöhe kultivieren?
Wenn man sich diesem Thema wissenschaftlich nähert, fällt zunächst auf, dass der Begriff nicht eindeutig definiert ist. Der Begriff Haltung steht zunächst für Gesinnung und Einstellung im Sinne einer persönlichen Meinung, er bedeutet aber auch Contenance im Sinne von „Haltung bewahren“ oder auch für die Körperhaltung. [1] Im unternehmerischen Kontext bedeutet Haltung, das hinter dem Verhalten ethische Leitsätze stehen. Insoweit besitzt Haltung eine individuelle, persönliche Komponente und kann als die individuelle Verkörperung und Verinnerlichung ethischer Werte verstanden werden. Was aber bestimmt, in welcher Art und Weise ich als Individuum diese Werte verinnerliche und verkörpere, was sich dann als Haltung bezeichnen lässt?
Das ethische Selbstverständnis ist zum einen Produkt meiner Lebensgeschichte, es speist sich aus der Summe meiner Kindheitserinnerungen und meiner kindlichen Prägungen; hinzu kommt mein kultureller Hintergrund, meine Erfahrungen und auch die Ansprüche, die ich entwickle. [2] Zum anderen prägt auch meine Ausbildung meine Wahrnehmung. [3] Als Juristin fokussiere ich sicher auf andere Aspekte als ein Psychologe und erkläre mir die Welt anders. Durch diese persönliche und berufliche Sozialisation entstehen individuelle Hintergrundfolien, die mein Denken und Verhalten bestimmen. [4] Wenn Haltung also so etwas wie mein individueller ethischer Fußabdruck ist, dann ist sie etwas, was zu mir gehört und die mein gesamtes Verhalten – nicht nur in meiner Rolle als Mitarbeiter oder Führungskraft im beruflichen Kontext – prägt. Eine eigenständige Bedeutung hat meine Haltung in der beruflichen Rolle aber insofern, als dass ich mir bewusst sein muss, welche Werte mich im Miteinander mit Mitarbeitern und Führungspersonal leiten.
In der Praxis treffen Menschen ständig Entscheidungen, die eine ethische Dimension haben. Dabei geht es nicht nur um große ethische Dilemmata, auf die ich man trifft. Viele Entscheidungen fallen intuitiv, unbewusst. Bereits die Frage, ob ich meinem Mitarbeiter oder Kollegen in seinem Redefluss unterbreche oder aktiv zuhöre, wird eine Wirkung auf ihn haben. Vielleicht ist er ärgerlich, wenn ich ihn nicht ausreden lasse. Vor diesem Hintergrund ist es außerordentlich wichtig, dass ich mich und meine Verhaltensmuster kenne. Je besser ich mich und mein persönliches Wertesystem kenne und ich darin verwurzelt bin, desto authentischer wirke ich nach außen und desto besser gelingt die Kommunikation auf Augenhöhe.
Wenn sich Haltung aus der Sozialisation speist, dann ist sie kein starres Persönlichkeitsmerkmal, sondern entwickelt sich weiter. Das Sich-Bewusst-Werden seiner eigenen Ethik kann also auch nichts Einmaliges sein, sondern mündet in einen Prozess der ständigen Wandlung und Veränderung, die man aktiv betreiben kann.
In einem ersten Schritt sollte ich erkennen, welches Menschenbild ich in mir trage, welche Werte mir besonders wichtig sind, warum sie mir besonders wichtig sind. Ich muss weiter erkennen, wo meine wunden Punkte sind, warum ich auf bestimmte Emotionen in einer festgelegten Weise reagiere, welche Ansprüche ich habe. Ich muss mich sozusagen auf eine Meta-Ebene bringen, um mich von außen zu betrachten, mich kennenlernen.
Wir unterstützen Sie im Rahmen von Einzelcoachings dabei, diese Metabene einzunehmen und die mühsame Selbstreflexion zu betreiben.
Wenn es um Konflikte geht, so reflektieren Sie Ihre eigenen Konfliktmuster und entwickeln diese weiter. Hierbei gibt es eine Vielzahl an Techniken und Methoden. In meinen Konfliktcoachings beziehe ich beispielsweise ganz bewusst die körperlichen Ebene ein, denn auch diese kann wichtige Erkenntnisse zum Umgang mit Konflikten bringen. [5]
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Haltung ein ethisches Selbstverständnis ist, das jeder Mensch aktiv weiter entwickeln und damit seine Kommunikations- und Konfliktkompetenzen stärken kann. Das Miteinander auf Augenhöhe ist damit ein aktiv gestaltbarer Prozess. Wir unterstützen Sie gern dabei.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Haltung
[2] Werfl, Marlene, Meine Haltung als Mediatorin in: Spektrum der Mediation, 18.Ausgabe/ Frühjahr 2005, S. 34
[3] Patera, Mario, Reflexionskompetenz – Qualitätskriterium für (künftige) MediatorInnen, ZKM, 5, 227
[4] Patera aaO., S. 227
[5] Gläßer, Ulla& Holland, Andrew, emBODY-Ing CONFLICT RESOLUTION, Körperwahrnehmung in der Konfliktbearbeitung. Tagungsband der Evangelischen Akademie Bad Boll zur Tagung „Abgründe und Schätze der Mediation“ im Juni 2000